Vom Kundschafter zum Botschafter
Eine besondere Reise nach Israel
Am 5. Oktober 2023 starteten wir vom Flughafen in Berlin unsere Reise nach Israel. Geplant war sie für elf Tage und wurde organisiert von der Versöhnungskirche unter der Leitung von Pfarrer Hartmut Stief, Heiko Roch und natürlich Scuba-Reisen, unserem Stuttgarter Reisebüro. Wir waren insgesamt 38 Teilnehmer aus Plauen, dem Vogtlandkreis, Zwickau, Bayreuth und Chemnitz. Nach der Landung in Tel Aviv empfing uns unser Reiseleiter Michael Schneider und wir reisten sofort weiter in ein Hotel in Jerusalem.
Am 6.10., dem letzten Tag des Laubhüttenfestes, besichtigten wir die alte Davidsstadt, 3000 Jahre alte Ausgrabungen, und erkundeten den Hiskia-Tunnel. Anschließend spazierten wir durch das jüdische Viertel und danach durch das arabische. In der Stadt pulsierte das Leben, sie war voller Menschen verschiedenster Nationen. Am Gartengrab feierten wir Abendmahl. Als Abschluss dieses eindrucksreichen Tages folgten noch der Besuch und das Gebet an der Klagemauer.
Am dritten Tag unserer Reise – am Samstag, den 7.10. – ertönte kurz nach dem Frühstück plötzlich eine Alarmsirene. Zuerst dachten wir alle, es sei ein Probealarm, aber schnell wurde klar, dass es ernst war. Wir befanden uns plötzlich in einem Land, in dem Krieg herrschte! Israel wurde auf brutalste Weise angegriffen. Die Geräuschkulisse von Kampfjets und Raketeneinschlägen begleitete uns von nun an bis zum Tag unserer Abreise. Versuche, als Gruppe über die Deutsche Botschaft früher auszureisen, scheiterten trotz intensiver Bemühungen der Reiseleitung. Ein herzlicher Dank sei an dieser Stelle dem Team der Scuba Reisen GmbH gesagt, das uns aus der deutschen Ferne verlässlich begleitet hat und auch viele Stunden damit verbrachte, Rückflüge für unsere Gruppe zu finden. Es gab aber nur Plätze für einzelne Personen. So beschlossen wir am Sonntag, den 8.10., unsere Reise im Heiligen Land gemeinsam fortzusetzen – im Rahmen der erlaubten Sicherheitsbedingungen und unter der Führung unseres sehr erfahrenen Reiseleiters Michael Schneider und unseres Pfarrers Hartmut Stief.
Hartmut hat seinem Amt als unser „Hirte“ alle Ehre gemacht. Vielen Dank dafür, wie auch für alle Organisation, Vorbereitung und Leitung in dieser oft nicht angstfreien Situation! Auch Heiko Roch möchte ich hier von Herzen danken, der entscheidenden Anteil an der Organisation und dem Gelingen unserer Reise unter den unerwarteten Bedingungen hatte! So konnten wir in den folgenden Tagen unter anderem in Jerusalem im Garten Gethsemane, in der Grabeskirche und auf der Via Dolorosa sein. Dort, wo sich normalerweise Hunderte von Menschen tummeln, waren wir nun plötzlich fast die einzigen. An einem Abend im Jerusalemer Hotel besuchte uns der Holocaust-Überlebende Josef Aron und erzählte uns die bewegende Geschichte seiner grausamen Kindheit. Wir waren tief bewegt, viele von uns hatten eine schlaflose Nacht, denn auch unsere Vorfahren hatten dem jüdischen Volk viel Leid gebracht.
Von Jerusalem ging unsere Reise weiter in die Oase En Gedi, wo sich einst David vor König Saul versteckte. Danach stiegen wir auf den Berg der Festung Masada. Ein großes Highlight war das Baden im Toten Meer – wir waren auch dort die einzigen Gäste. Am Abend ging es in die Wüste Negev in ein Wüstencamp bei Beduinen mit großartiger Bewirtung und Lagerfeuer sowie der gemeinsamen Übernachtung in einem Beduinenzelt. Am Morgen danach sendete uns Hartmut in die Wüste zur „stillen Zeit“ – ein unbeschreibliches Erlebnis mit tiefgehenden Eindrücken. Zum Abschluss unseres Besuches bei den Beduinen durften wir noch an einer Kamelsafari teilnehmen – was vielen von uns ein breites Lächeln ins Gesicht zauberte.
Vom Süden des Landes ging unsere Reise in den Norden an den See Genezareth in den sicheren Kibbuz Ma’agan, wo wir dann auch letztlich bis zum Reiseende am 15. Oktober untergebracht waren. Bei unserer Ankunft im Kibbuz – unsere Koffer wurden gerade aus dem Bus geladen – schrillte plötzlich wieder die Alarmsirene. Wir rannten gemeinsam mit vielen Müttern mit Säuglingen, Kleinkindern und Männern in den Luftschutzkeller. Um uns herum waren Panik, Angst, lautes Weinen, traumatisierte bleiche Gesichter. Die Menschen waren – so erfuhren wir dann – evakuierte jüdische Familien, die nach dem Massaker der Hamas aus dem Süden des Landes geflohen waren. Unsere Reisegruppe wurde nicht panisch. Wir fanden uns in Gruppen zusammen und beteten. Nach einer Stunde stellte sich heraus: Es war ein Fehlalarm. Das Herzrasen legte sich nur langsam wieder – wir waren alle tief bewegt und konnten nur erahnen, was diese Familien erlebt hatten. Ich lernte dabei eine Jüdin kennen. Sie erzählte mir ihre bewegende persönliche Geschichte, dabei kamen wir uns emotional sehr nah. Sie lud mich und Conny Greiner zum Schabbat-Essen in ihre jüdische Gemeinschaft ein – das wurde mein persönliches Highlight. Auch alle anderen Reiseteilnehmer feierten mit Michael Schneider das besondere Schabbat-Essen mit den entsprechenden Gebeten. Michael gilt ein ganz besonderer Dank! Er schenkte uns durch sein immenses Wissen und seiner Verwurzelung als messianischer Jude einen großartigen Blick in die Geschichte des Landes und den biblischen Kontext.
An den folgenden Tagen erkundeten wir die Umgebung von Tiberias rund um den See Genezareth. Bei einer Bootsfahrt auf dem See begeisterte uns Daniel Carmel mit hebräischem Lobpreis. Auch den Berg der Seligpreisungen haben wir besucht. An all diesen Orten waren wir zumeist die einzigen noch verbliebenen Reisenden. Die Einheimischen freuten sich, dass wir geblieben waren und vor Ort für sie und ihr Land beteten. Wir erlebten intensive Zeiten des gemeinsamen Gebetes und der Stille. Der Zusammenhalt der Gruppe war einzigartig. Thomas Blechschmidt und Steffen Golle hatten Ihre Instrumente mit. Fast jeden Tag, oft an besonders heiligen Stellen sangen wir gemeinsam Gott zur Ehre. Diese Anbetungszeiten vertieften unseren Glauben und halfen uns fest auf den zu blicken, der in den schwierigsten Situationen Halt geben kann. Auch für uns beteten sehr viele Menschen um Schutz und Bewahrung. Wir durften alle erleben, dass uns unser Glaube trägt und Vertrauen und Gewissheit schafft.
Am 15.10. konnten wir Israel sicher verlassen und in unseren Frieden nach Deutschland zurückkehren. Es ist wichtig, dass wir nun vom Kundschafter zum Botschafter werden und für Israel Stellung beziehen und beten. Genauso wichtig ist es, für die Menschen, die ihre Lebensgrundlage verloren und Traumatisches erlebt haben zu spenden. Lasst uns beten für Frieden in Israel, für unsere jüdischen Mitbürger in Deutschland und auch für die unschuldigen arabischen Familien in Gaza. Lasst uns gemeinschaftlich einstehen für Frieden in dieser Welt!
Am Dienstag, den 30. Januar 2024 wird Michael Schneider in unserer Kirche zu Gast sein. Er spricht um 19:30 Uhr in einem Gemeindeabend zum Thema: „Um Zions willen – Lasst uns über Endzeit reden“. An diesem Abend erfahren wir aktuelle Fakten aus dem Heiligen Land.
Antje Hausmann